Schorndorfer Nachrichten Donnerstag, 27. Januar 2005  
             
 

Kübler: Verhältnisse verbessern sich
...gegenüber den Zeiten, in denen Polizei wegen Kriminalität und Rauschgift Razzien veranstaltete

Nach den im Rathaus eingegangenen Protestnoten setzte sich OB Winfried Kübler an den Schreibtisch und verfasste "Erläuterungen zur rechtlichen Situation und zum grundsätzlichen Umgang mit dem Problem Prostitution", die er im Ratssaal vortrug.

Die Vorbehalte in der Bevölkerung gegen eine solche Einrichtung seien verständlich, weil mit den Moralvorstellungen nicht vereinbar, erklärte Kübler. "Wir von der Stadtverwaltung sehen dies auch so. Andererseits müssen wir uns erstens an der Rechtslage orientieren und eine planerische Steuerung vornehmen, was die Platzierung angeht." In Kommunen mit mehr als 35 000 Einwohnern seien Bordelle zulässig. Die Stadt könne nur steuernd eingreifen, letzten Endes aber auf dem gesamten Stadtgebiet deren Einrichtung nicht verbieten. Selbst wenn eine Verordnung des Regierungspräsidiums die Prostitution im Stadtgebiet verbietet, müsse eine Toleranzzone festgelegt werden, wo Prostitution ausdrücklich für zulässig erklärt wird. "Diesen Weg hat Backnang beschritten", dort seien an der Sulzbacher Straße sechs Flurstücke ausgewiesen. "Was wir als Satzung entscheiden, geht in die gleiche Richtung." Die Stadtverwaltung habe sich schon in verschiedenen Fällen damit konfrontiert gesehen, dass Baugesuche für ganz bestimmte, bereits bestehende und demnach bezugsfertige Gebäude und Anträge auf Einrichtung eines Bordells vorlagen. "Wir haben diese auf wackeliger Rechtsgrundlage zunächst abgewiesen. Wenn wir den Bebauungsplan für die Stuttgarter Strasse 77 nicht ändern, leben andere Risiken wieder auf. Wenn ein Antragssteller den Rechtsweg beschreitet, haben wir schlechte Karten."

Was das Asylbewerberheim angeht, sieht Kübler "keine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Zustand. Denn dieses Haus ist in den letzten Jahren zu einem Hort der Kriminalität geworden, wo Drogenhandel, Verbreitung anderer Straftaten, Gewalt, auch illegale Prostitution an der Tagesordnung waren und sind." Ständige Polizeieinsätze bis hin zu Razzien würden dies beweisen. Beschwerden von der Diakonie und deren Werkstätten habe es nicht gegeben. "Im Gegenteil: Im Juli letzten Jahres hat deren Bezirksarbeitskreis Asyl dort ein fröhliches Happening abgehalten."

Schließlich gehe es noch darum, wie Prostitution heute gesamtgesellschaftlich einzuordnen sei - hauptsächlich auch im Blick auf diejenigen, die sie ausüben. Der Bundestag habe am 17. Oktober 2001 ein Gesetz beschlossen und Prostitution am 1. Januar 2002 legalisiert. "Eines der Ziele des Gesetzes war es auch, die Prostituierten und ihre Freier aus der Illegalität zum Beispiel des Straßenstrichs herauszuholen und ihnen damit auch ein Stück weit persönliche Sicherheit zu verschaffen. Diese rechtliche Situation soll und kann natürlich die moralischen Bedenken vieler Menschen gegen die Prostitution nicht beseitigen. Andererseits müssen öffentliche Stellen diesen neuen Rechtszustand akzeptieren und ihr Handeln danach ausrichten."

Zur Kritik an der Lage am Stadteingang merkte Kübler an, dass andere Standorte wie die Haubersbronner Kellerwiesen und das bisherige Arbeitsamt in Weiler "sehr viele Nachteile zusätzlich eingebracht hätten". Dort hätte es auch auf den Straßen Verkehr gegeben. Am Standort Stuttgarter Straße sei dies weniger belastend und außerdem auch "besser zu überwachen". Deshalb stelle die Stadtverwaltung diesen Standort auf den ersten Rang. Schließlich forderte Kübler die Stadträte auf, selbst andere praktikable Vorschläge zu machen. "Wir machen keine weiteren Vorschläge."


Zitate:
Offenbar boomt das Geschäft zunehmend, so dass auch Städte unserer Größenordnung als Standorte für Bordelle ausgewählt werden. In früheren Jahren war das unüblich. In unserer sexbeladenen und sexbesessenen Zeit, wo dieses Thema in den Medien tagtäglich aufbereitet wird, ist dies auch nicht verwunderlich. Unsere Gesellschaft hat auch auf diesem Gebiet dem zunehmenden Werteverfall keinen ernsthaften Widerstand geleistet.
Ob Kübler dazu, warum Schorndorf zwar eher nolens als volens, aber doch die Bordell-Kröte schlucken soll.

Wäre eine Diskussion zugelassen worden, hätte sich mancher noch Gedanken machen können.
FDP-FW-Ratsherr Konrad Hofer. Er blieb wie andere auf seinen Gedanken sitzen.

Behauptungen, dass Stadt und SWS sich von finanziellen Überlegen leiten ließen, sind unzutreffend.
OB Kübler