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Von drei Urteilen habe ich in dieser Woche gehört, die mich zutiefst
schockiert haben. Ein Jahr und 10 Monate auf Bewährung, lautete das Urteil
für einen brutalen Vergewaltiger und Zuhälter. Dieser Zuhälter hat Frau M.
vier Jahre lang gezwungen für ihn zu arbeiten. Sie wurde geschlagen,
vergewaltigt, beschimpft, eingesperrt, ins Bordell zur Prostitution gebracht
und zeitweise ausgehungert. Sie ist fast vor Angst gestorben und hatte doch
den Mut gegen ihren Vergewaltiger auszusagen. Ein Freier wollte ihr bei der
Flucht helfen. Der Zuhälter beobachtete dies. Zusammen mit seinem Fahrer
stürzte er sich auf Frau M., zerrte sie vom Auto des Freiers in seinen
Wagen. Den Freier schlugen die beiden Männer zusammen. Trotz seines
Zustandes erinnerte er sich an das Autokennzeichen. So konnte die Polizei
die Wohnung des Zuhälters finden in der auch die Frau gefangen war. Frau M.
wurde von der Polizei befreit und zu SOLWODI, gebracht.
Solwodi vermittelte ihr eine Rechtsanwältin. Diese bestellte sich als
Nebenklagevertretung beim Gericht. Dann folgte erneut eine Ungeheuerlichkeit
auf die andere:
Der Menschenhandelsprozess wurde anstatt bei einem Landesgericht bei einem
Amtsgericht geführt. Die Benachrichtigung zum Gerichtstermin erreichte das
Opfer nicht, da sie an die Adresse des Zuhälters geschickt wurde. Frau M.
konnte also von ihrem Aussagerecht nicht Gebrauch machen. Die Rechtsanwältin
wurde überhaupt nicht informiert. Als Frau M. erfuhr, dass der Prozess
gelaufen war, war auch bereits die Zeit verstrichen in der sie Berufung
hätte einlegen können. Das Urteil hat dazu geführt, dass der Täter nun auf
freiem Fuß ist und Frau M. seit dieser Zeit um ihr Leben fürchtet
Nicht verurteilt, weil es gar nicht erst zum Prozess kam, wurden die
Bordellbesitzer des Großbordells Colosseum in Bayern.
Nach jahrelangen Ermittlungen klagte der Staatsanwalt wegen dirigistischer
Zuhälterei an. Grund: Die Frauen wurden von den Bordellbetreibern strikten
menschenunwürdigen Regeln unterworfen: Die Frauen dürfen sich den Freiern
nur nackt zeigen, sie dürfen keine Handys verwenden, ihre Taschen werden
kontrolliert und sie werden mittels Video überwacht.
Die Klage wurde von der 8. Strafkammer des Landgerichts abgewiesen, weil
nach dem neuen Prostitutionsgesetz, Bordellbesitzer als Arbeitsgeber mit
Weisungsbefugnissen gesehen werden.
Das letzte beschämende Urteil, von dem ich in dieser Woche Kenntnis nahm,
ist ein Urteil des Finanzgerichts München. Es wies die Klage des Finanzamtes
ab und bescheinigte, dass Mieteinnahmen von Bordellbetreibern steuerfrei
sind. Der Bordellbetreiber hat die einzelnen Zimmer zu horend hohen Preisen
vermietet. Prostituierte zahlten monatlich für ihr Zimmer ein
Nutzungsentgeld von rd. 1500 € im Voraus in bar.
Bei solchen Urteilen wundert es doch glatt, dass die Arbeitsagentur nicht
verurteilt wurde, als ein Bordellbesitzer geklagt hatte, weil seine freien
Plätze nicht an Arbeitssuchende Frauen und Mädchen weitervermittelt wurden.
Alle diese Urteile haben eines gemeinsam, sie helfen Frauen in der
Zwangsprostitution nicht, sind aber ein Gewinn für, diejenigen, die an den
Frauen verdienen.
So denke ich auch über das Prostitutionsgesetz von 2002, das eine Hilfe für
Frauen in der Prostitution sein sollte. Es sollte sie aus der Illegalität
bringen und ihnen die Möglichkeit geben sich zu versichern.
Mit dem Prostitutionsgesetz wurde Prostitution legalisiert, doch davon
scheinen vor allen Dingen Zuhälter und Bordellbesitzer zu profitieren.
Wie das letzt genannte Urteil deutlich macht, ist die Polizei immer weniger
motiviert zu kontrollieren und Opfer von Zwangsprostitution zu suchen. Die
Osterweiterung hat dies noch verschärft. Für die Polizei gibt es kaum
Gründe, die Frauen aus Bordellen mit auf’s Revier zur Befragung zu nehmen.
Das wäre aber wichtig, um die Wahrheit zu erfahren. Im Bordell selber ist es
für die Frauen lebensgefährlich, Andeutungen über ihre tatsächliche
Situation zu machen.
Hilflos und wütend machen diese Urteile. Mehr noch, sie lassen an der
Recht-staatlichkeit unseres Staates zweifeln. Zu seinem Recht kommt, wer die
stärkere Lobby und das dickere Portemonnaie hat – so scheint es, so erfahren
wir es immer wieder in Menschenhandelsprozessen.
Die Politik ist gefordert Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen, das Verbrechen
des Menschenhandels, der Versklavung von Frauen und Kindern ernst zu nehmen
und zu tun was in Sonntagsreden versprochen wird. Die Polizei aufzustocken,
Menschenhandel als zu bekämpfendes Verbrechen Nr. 1 zu behandeln. Gelder für
die Bekämpfung und den Schutz von Frauen und Kindern zur Verfügung zu
stellen. Und endlich auch die Freier, in den Blick zu nehmen und im Falle
von Zwangsprostitution zu bestrafen.
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